Wenn es im Bunten Haus so etwas wie einen utopischen Gehalt gibt, ist's schlicht die Selbstverwaltung. Dabei geht's nur am Rande um die Form - denn in diesem Sinne hat ja jeder Kleingartenverein seine Selbstverwaltungsorgane - es geht um Selbstverwaltung als sozialem Kern des Ganzen. Selbstverwaltung meint dabei das Offensein für das Mögliche. Und: Selbstverwaltung macht nur im Einklang mit Selbstbestimmung einen Sinn. Die Entscheidung darüber, was im Zentrum läuft oder nicht, liegt bei denen, die das Zentrum betreiben - aber: JedeR kann dazu gehören und jede Stimme sollte ein gleiches Gewicht haben.
Wir haben alle anfangs kaum konkrete Vorstellungen gehabt, was uns das Bunte Haus alles abverlangt. Es reicht von verwaltungstechnischen und organisatorischen Fragen (Abrechnungen, Versicherungen, AnsprechpartnerInnen) über Hausmeistertätigkeiten (Renovierungen, Schlüsselübergaben, Reparaturen) bis zu den Aufgaben, die der Alltag erfordert (putzen, einkaufen, Thekenschichten usw.). Dass es uns nunmehr seit Jahren gelingt, all diese Aufgaben ohne bezahltes Personal und mit dem Plenum als beschließender und ordnender Instanz zu erledigen, ist sicher eine der bemerkenswertesten Leistungen des Bunten Hauses.
Seit den Anfängen besteht das offene (alle sind eingeladen, sich an Entscheidungen zu beteiligen), auf einem Konsensprinzip aufbauende Plenum. Jede Veranstaltung bzw. Nutzung von Räumlichkeiten muss dort angemeldet und abgesegnet werden. Gerade bei größeren oder "schwierigeren" Veranstaltungen erfordert das oft verbindliche Absprachen, was uns leider noch nicht immer gelingt (aber immer öfter). Fehlende Absprachen führten in der Vergangenheit ab und an auch zu Unstimmigkeiten, andererseits zwingt das Plenum uns als NutzerInnen auch zu einem vielfältigen Kontakt untereinander, der sich ohne diese Struktur sicherlich zu einem rein nachbarschaftlichen bzw. Dienstleistungs-Verhältnis entwickelt hätte.
Das Plenum zielt zudem auf ein Höchstmaß an Transparenz für alle Beteiligten; VeranstalterInnen können die Diskussion um ihr Vorhaben mit verfolgen und Vorschläge einbringen. Regelmäßige NutzerInnen (Gruppen, Privatpersonen, Bands etc.) bekommen dadurch erst einen Eindruck, wieviel Arbeit in einem solchen Projekt zu leisten ist und wie vielschichtig auch die Schwierigkeiten sein können. Das Plenum besteht aus ganz unterschiedlichen Menschen. Manche kommen regelmäßig, andere eher sporadisch, manche haben schon eine lange Erfahrung in politischen Initiativen oder kulturellen Projekten, andere sind erst seit ein paar Wochen dabei. U.a. dadurch bedingt gibt es einen Zug zu Hierarchie, Professionalisierung, Delegation - also genau dem, was Selbstverwaltung vermeiden helfen soll. Dies nicht entstehen zu lassen oder immer wieder abzubauen, ist deshalb eine wichtige Aufgabe des Plenums.
Selbstbestimmt handeln, heisst für uns nicht allein, darüber zu entscheiden, was im Zentrum läuft und was nicht, sondern auch Verantwortung zu übernehmen, für uns und unsere Umwelt. Uns ist wichtig, dass sich alle unabhängig von ihrer Herkunft, ihren Fähigkeiten, ihrer Hautfarbe und ihres Geschlechts respektieren. Konkret tolerieren wir deshalb im Haus keine rassistische, sexistische oder homophobe Anmache. Und nach Möglichkeit wollen wir diese Haltung auch in die Gesellschaft tragen. Manche der politischen Veranstaltungen im Zentrum werden deshalb direkt vom Plenum getragen, auch bringt sich das Bunte Haus in gesellschaftliche Bündnisse (z.B. Forum gegen Gewalt und Rechtsextremismus oder AK Ausländer) ein und ruft manchmal zur Teilnahme an bestimmten Aktionen auf.